Widerstand Dr. Lothar Kreyssig (1898 - 1986)



Die Texte der Schüler, die zu bestimmten Sachthemen erarbeitet wurden, sind mit angefügt. Jeder Schüler hat selbst den Text erarbeitet und auch die Gestaltung der Schautafel vorgenommen. Mit einfachen Mitteln wurde das jeweilige Verbrechen in Form einer Collage dokumentiert.

Entdeckung:

Widerstand Dr. Lothar Kreyssig (1898 - 1986)
Als Vormundschaftsrichter in Brandenburg/Havel bekam Lothar Kreyssig im Frühsommer 1940 mehrfach Aktenstücke vorgelegt, in denen Vormünder und Pfleger von Geisteskranken berichteten, dass sie überraschend die Nachricht vom Tod ihrer Pfleglinge erhalten hätten. Die formelhaften Schreiben kamen alle aus einer Anstalt, aus Hartheim. Mit "bürokratisch-teutonischer Gründlichkeit" so Kreyssig, wurde den Vormundschaftsgerichten das Ableben der Opfer, soweit diese entmündigt waren, mitgeteilt. Bei ihm weckte die Häufung dieser Todesfälle den Verdacht, dass eine umfassende Vernichtungsaktion im Gange war. Die meisten Vormundschaftsrichter legten die Todesurkunde ohne weitere Nachforschungen zu den Akten. Etwa 1400 Vormundschaftsrichter gab es zu dieser Zeit.

Anzeige:

Kreyssig meldete das, was ihm zu Ohren gekommen war, dem Reichsjustizminister Franz Gürtner. Dieser Protestbrief ist ein Dokument tapfersten Widerstandes. Es sei ihm kaum mehr zweifelhaft, obwohl er nur Beweisanzeichen habe, dass die Kranken schubweise getötet werden. Er stellte fest, falls Euthanasiemorde vollzogen werden, geschehen diese ohne Gesetz. Bei einem rechtsgeordneten Verfahren bestehe die Möglichkeit, dass z. B. die Angehörigen gehört werden oder dass Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt werden können. Die Geisteskranken mit ihren Vormündern befinden sich in einer Rechtslosigkeit und hätten dadurch keinen Rechtsanspruch. Somit bestünde keine Möglichkeit für einen Rechtsfrieden. Der Reichsjustizminister verzögerte die Beantwortung des Schreibens. Daraufhin erstattete er Anzeige wegen Mordes gegen den Leiter der Kanzlei des Führers Philipp Bouhler, der mit der Durchführung der Mordaktionen beauftragt war. Auch auf diese Anzeige gegen Reichsleiter Bouhler bekam Kreyssig keine Antwort Die Justiz ignorierte die Anstaltsmorde völlig.

Verbot:

Im August 1940 suchte Kreyssig die Landesanstalt Görden, die ihm als Vormundschaftrichter unterstand, auf und untersagte die Verlegung aller unter seiner vormundschaftlichen Obhut stehenden Patienten. Er sprach ein striktes Verlegungsverbot von Anstaltsinsassen aus. Er wusste nicht, dass in dieser Anstalt bereits am 18.1.1940 die ersten Probemorde stattfanden, um die Durchführbarkeit und den technischen Ablauf der Tötung mit Kohlenmonoxyd zu testen.

Entlassung:

Am 24. August 1941 stoppte Hitler, unter dem Eindruck der Proteste und der erheblichen Unruhen in der Bevölkerung, die Mordaktion. Bis dahin waren mehr als 70.000 geistig Behinderte und Kranke vergast worden. Gemäß § 71 des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 (DBG) konnte Hitler einen Beamten in den Ruhestand versetzen, wenn dieser "nicht mehr die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für den nationalsozialistischen Staat eintreten wird". So wurde Kreyssig aus dem Richteramt entfernt. Nach seiner Entlassung widmete er sich in der Mark Brandenburg ganz der ökologischen Landwirtschaft. Lothar Kreyssig war damals 43 Jahre alt.

Nach 1945:

Nach dem Krieg, wagte er einen Neuanfang. Als Konsistorialpräsident und Präses half er beim Wiederaufbau der evangelischen Kirche in der sowjetischen Besatzungszone, dann in der DDR. Viele gesamtdeutsche kirchliche Einrichtungen und Initiativen sind durch ihn begründet oder geprägt worden. Lothar Kreyssig war von charismatischer Kraft und hatte die Gabe, Menschen für das Gute zu ermutigen.