Ernst Richard S.
Im Bundesarchiv sind wenige Daten seines Lebens erhalten geblieben.
- 12.12.1904 in Mosel geboren
- evangelisch-lutherische Konfession
- landwirtschaftlicher Arbeiter
- wegen Diebstahl kam er ins Gefängnis
- wegen Brandstiftung erhielt er 8 Jahre Zuchthaus
- er wurde in die Landes-Heil und Pflegeanstalt Waldheim wegen Verdachts auf Schizophrenie gebracht
- die Ärzte bescheinigten diese Diagnose und das war sein Todesurteil!
- 7.2.1940 wurde er in eine unbekannte Anstalt verlegt, d. h. er wurde nach Pirna-Sonnenstein zur Vergasung transportiert
- im Kirchenbuch Mosel wurde nichts eingetragen
Zwickau
Verbrechen des NS-Staates wurden in Zwickau genauso verübt wie anderswo im Großdeutschen Reich. Nachdem die geheime Beauftragung Hitlers an Bouhler und Brandt erlassen war, unheilbare Kranke dem Gnadentod zu gewähren, wurden auch nach Zwickau die entsprechenden Meldebögen verschickt. Diese Bögen mussten ausgefüllt zurück an die T 4-Zentrale in Berlin geschickt werden. Von dort wurde die gesamte Vernichtung 1940 und 1941 geleitet und koordiniert.
Übersichtsliste vom 31.8.1941
Die T 4 - Zentrale in Berlin hielt genau fest, wie viele Fragebögen verschickt wurden
Verwaltungsbereich Sachsen
Einrichtung: Sächsisches Taubstummenheim
Träger der Einrichtung Verein Sächsischer Taubstummen e. V. Zwickau
Betten 50
Fragebogen 8
Einrichtung: Krüppelheim Zwickau / Marienthal
Träger der Einrichtung e. V. zur Fürsorge für bildungsunfähige Krüppel zu Zwickau
Betten 150
Fragebogen 5
Einrichtung: Alters- und Pflegeheim
Träger der Einrichtung Oberbürgermeister der Kreisstadt Zwickau
Betten 134
Fragebögen 160
In diesem Jahr wurde diese zentral gesteuerte Vernichtung systematisch betrieben. In Pirna-Sonnenstein wurden nachweislich 141 Menschen aus Zwickau vergast. Darüber wurde genau Buch geführt.
Dezentrale oder wilde Euthanasie
Nach dem Euthanasiestopp Hitlers (24. August 1941) begann die dezentrale Euthanasie, die auch wilde Euthanasie bezeichnet wurde. Menschen wurden u. a. in Landespflegeanstalten gebracht und mit Gift zu Tode gespritzt oder sie kamen durch Unterernährung zu Tode. Die Zahl dieser Todesopfer ist nicht bekannt, denn die entsprechenden Unterlagen wurden nicht archiviert oder zielgerichtet vernichtet. Z. B. wurden die Seiten des Bestandbuches (Eingangs- und Ausgangsbuch) vom Alten- und Pflegeheim "Bürgerheim" auf der Talstraße 5 nach den Jahren 1935 herausgerissen (siehe Vitrine im Erdgeschoss). Es sollte kein Beleg der Vernichtungsaktion erhalten bleiben! Betroffene, die sich bei der Aufarbeitung dieser Ereignisse bei der Projektgruppe gemeldet haben, konnten berichten, dass Angehörige unserer Stadt der wilden Euthanasie zum Opfer fielen. Sie haben nur ungenaue Angaben von Todesursache, −ort und −zeit erhalten. 60 Jahre lang hat sich keiner darum gekümmert. Ihnen gehört ein großes Dankeschön, weil sie bereit waren, dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte mit aufzuarbeiten und zu dieser historischen Wahrheit zu stehen. Dem Stadtarchiv Zwickau wurden nur wenige Aktenbestände aus dieser Zeit übergeben und geben Kunde von diesem Verbrechen.