Dr. Karl Daniel - Widerstand



Die Texte der Schüler, die zu bestimmten Sachthemen erarbeitet wurden, sind mit angefügt. Jeder Schüler hat selbst den Text erarbeitet und auch die Gestaltung der Schautafel vorgenommen. Mit einfachen Mitteln wurde das jeweilige Verbrechen in Form einer Collage dokumentiert.

Geschichte des Katharinenhofes in Großhennersdorf/Oberlausitz

Nach der Stiftung im Jahre 1721 durch Freifrau Henriette Sophie von Gersdorf diente er zunächst als Bildungsinstitution für arme und verwaiste Kinder. Am 1.5.1889 wurden erstmals Kinder mit geistigen Behinderungen aufgenommen und am 5.11.1911 wurde er als "Königlich-Sächsische Landesanstalt für schwachsinnige Kinder" eingeweiht. Diese Landeseinrichtung nahm unter der Leitung von Dr. Ewald Meltzer zunächst 100 Kinder auf. Meltzer vertrat fortschrittliche heilpädagogische Ansichten. Am 1.5.1939 wurde Dr. Daniel schließlich sein Nachfolger als Ärztlicher Leiter des Katharinenhofes. Wenige Monate später begann der Krieg der NS gegen andere Völker – auch gegen psychisch Kranke und geistig Behinderte im eigenen Land.

Meldebögen

Im Oktober 1939 stellte Hitler die Ermächtigung aus, einen Teil der Geisteskranken zu töten. So erfolgte eine detaillierte Erfassung aller Heil- und Pflegeanstalten und Behinderteneinrichtungen. Über jeden Heimbewohner musste ein Meldebogen angefertigt werden, der dann von Dr. Daniel ausgefüllt wurde (in der linken unteren Ecke befand sich ein großes schwarzumrandetes Viereck mit dem Hinweis, dies sei freizulassen). Die Meldebögen aus dem Katharinenhof wurden nach Berlin gesandt und im Auftrag der T4-Zentrale von 3 Gutachtern und einem Obergutachter im Frühjahr 1940 beurteilt. Bei einigen Kindern wurde ein blauer Strich ( - ) in das Kästchen gemacht, was bedeutete, dass die Kinder vorerst weiterleben durften, aber auf den meisten Meldebögen erschien ein rotes Kreuz ( + ). Das war für diese Kinder das Todesurteil.

Vorbereitung zur Tötung

Für die Verpflegung der Kinder des Katharinenhofes durften pro Tag und Kind nur 35 Pfennig ausgegeben werden. Daran sieht man schon, dass die Kinder unwahrscheinlich wenig zu essen bekamen und so an Mangelernährung (Gewichtsabnahme, Anämie, Zahnfleischbluten) litten. Das Personal hingegen bekam gute und reichliche Kost und deswegen gaben sie den Kindern davon ab. Ein Kind fragte sogar einmal: "Gibt es im Himmel auch für Kinder Personalessen?"
Im Sommer 1940 kam es dann zur Inspektion des Katharinenhofes und der Aufforderung, direkt im Heim die Kinder innerhalb von 6 bis 10 Wochen umzubringen.

Widerstand

Dr. Daniel lehnte diese Aufforderung zur Tötung der Heimbewohner und Kolonisten ab. Er ließ alle Kinder fotografieren und dokumentieren. In der letzten Septemberwoche kam schließlich die Mitteilung ins Haus, dass der Katharinenhof für Bessarabiendeutsche (Gebiet nord-westlich vom Schwarzen Meer) sofort benötigt würde und die Kinder deshalb in eine andere Anstalt kämen. Unmittelbar vor dem Abtransport erreichte es Dr. Daniel, dass noch 4 Kinder nach Hause geschickt, 7 junge Männer ins Kolonieheim Großhennersdorf und einige andere in Sicherheit gebracht werden konnten.

Abtransport und Tötung

Die Pfleger packten gemeinsam mit den Kindern Spielsachen ein und klebten ihnen Heftpflaster mit ihrem Namen auf den Rücken. Den Kindern wurde gesagt: "Wir machen einen Ausflug." Niemand dachte sich etwas weiter dabei bis dann am 27.9.1940 fünf graue Autobusse eintrafen. Es standen 69 Mädchen und 104 Jungen auf der Transportliste. Die psychische Belastung war sowohl für die Kinder als auch für die Pfleger erheblich. Zuerst wurden viele bettlägerige Kinder, schwere Pflegefälle, eingeladen. Die Heimleitung selbst hatte das strenge Gebot, die Angehörigen über die Verlegung nicht in Kenntnis zu setzen. Die Fahrt der Autobusse dauerte nicht lange. Sie führte direkt in die Landesheil- und Pflegeanstalt in Großschweidnitz bei Löbau. Diese war eine Zwischenstation für nur wenige Tage auf dem Weg in die Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein. Dorthin wurden dann die Kinder gebracht. Zwei Wochen später waren von allen Kindern die Todesnachrichten bei ihren Angehörigen eingetroffen. Der Katharinenhof stand nunmehr den Nationalsozialisten für ihre Zwecke als Lazarett zur Verfügung. Dr. Daniel wurde sofort entlassen, nachdem der Katharinenhof leer geräumt war.

Heute

Nach Kriegsende wurde der Katharinenhof zum Hilfskrankenhaus und Altersheim. 1974 wurde er wieder Eigentum der Inneren Mission Sachsens und zur Heimstätte Behinderter. Die Fotos der Kinder, die Dr. Daniel anfertigen ließ, sind eine wertvolle Dokumentation der Opfer, denn somit haben sie ein Gesicht. Durch Mut und Zivilcourage rettete er Kinder vor der Tötung. Sein Widerstand war fast einmalig unter der Ärzteschaft. Im Katharinenhof wurde ein Gedenkstein errichtet, auf dem auch diese Worte stehen: "Tu Deinen Mund auf für die Schwachen."